In diesem Jahr jährt sich der Beginn des 1. Weltkrieges zum 100. Male. Infolge dieser heute unvorstellbaren Zeiten- und Wertewende gab es neben Ohnmacht und Resignation auch Zeichen der Hoffnung: Am 05. Januar 1924 pachtete die Schwedin Schwester Elsa Brändström über die Stiftung „Arbeitssanatorium für ehemalige kriegsgefangene Deutsche in Schreiberhau bei Lychen“ das Schloss Neusorge als Kinderheim für Waisen, deren Väter in den Gefangenenlagern Sibiriens an Krankheit und Erschöpfung zwischen 1914 – 1921 verstarben.

Eigentümer und Verpächter war der Leipziger Fürsorgeverband unter Leitung von Geheimrat Dr. Dietrich. Für den Ausbau des Hauptgebäudes von Schloss Neusorge sammelte Elsa Brändström 1923 innerhalb von 6 Monaten ca. 100.000 Dollar Spenden in den USA. Als Dank gab von dem bekannten Foto-Post-Kartensatz eine „englische“ Version.

EB_Fotoserie_englisch_003g

EB_Fotoserie_englisch_006g

EB_Fotoserie_englisch_004g

EB_Fotoserie_englisch_011g

Vorgeschichte

Elsa Brändströms Schaffen und Sorge fand deutschland-, europa- ja weltweit Anerkennung. Auch war bekannt das sie sich neben Organisation der Rückführung und Wiedereingliederung der ehemaligen kriegsgefangenen Deutschen auch mit dem Problem der Fürsorge und Ausbildung von verwaisten Kindern in Deutschland befasste.

Elsa_Brändström_mit_Tochter_Brita

Elsa Brändström-Ulich mit Tochter Brita

2014_Dr-Dietrich_001h

Geheimrat Dr. jur. Walter Dietrich – Leipzig

Eine erste Initiative des Geheimrates Dr. Dietrich im Auftrag des Leipziger Kreishauptmannes Dr. Burgdorf, heute vergleichbar mit der Landesdirektion, schlug vorerst fehl. Aber am 27. November 1923 meldete sich Schwester Elsa Brändström zur Besichtigung an. Die für nachmittags 14 Uhr vereinbarte Inspektion hat sich aufgrund einer Autopanne verspätet. In den frühen Abendstunden fand dann gemeinsam mit Schwester Anni Rothe und Dr. Dietrich die Besichtigung bei spärlicher Beleuchtung statt. Elsa Brändströms Urteil fiel knapp aber positiv aus, sie hätte für ihre Zwecke nichts besser Geeignetes bisher gesehen. Man einigte sich auf einen 10-jährigen Pachtvertrag. Dieser wurde als Vorvertrag am 27. November fixiert und am 5. Januar 1924 besiegelt. Der Mietzins betrug jährlich 10.000 RM. Der Fürsorgeverband Leipzig hatte vorab in Ergänzung seines 1911 begonnenen Erziehungsheimes Mittweida das leer stehende Schloss Neusorge 1913 für 451.000 RM vom Günther von Carlowitz erworben. Das Erziehungsheim Mittweida, später Bezirksparteischule und Landratsamt, wurde für Jungen konzipiert. Schloss Neusorge sollte ein Mädchenheim werden. Von 1913 an investierte der Fürsorgeverband 350.000 bis 400.000 RM. Im Wesentlichen wurde an der Infrastruktur (Wasserleitung, Energieanschluss…) sowie der Sanierung und dem Ausbau des Gerichtsgebäudes und der Orangerie (die Seitenflügel) gearbeitet. Der im August 1914 ausbrechende 1. Weltkrieg beendete alle Investitionstätigkeiten. Eine während des Krieges geplante Nutzung als Offiziers-Gefangenenlager wurde verworfen.

So wurde Schloss Neusorge nach dunkler Zeit zum Silberstreif am Horizont für 157 Stammkinder- und jährlich 240 Erholungskinder, insgesamt fast 3000 kriegsbedingte Voll- und Halbwaisen.

2013_Dezember_IV_Schloss_Neusorge02

Schloss Neusorge im Dezember 2013 – Hof Ecke Orangerie

2013_Dezember_III_Schloss_Neusorge_002

Schloss Neusorge im Dezember 2013 – Süd-Ost-Seite

2013_Dezember_Schloss_Neusorge_001

Schloss Neusorge im Dezember 2013 – Südseite – Oberlicht Großer Saal

Leider verfällt Schloss Neusorge weiter ungeschützt und von der Öffentlichkeit nahezu vergessen. Zur Erinnerung an Elsa Brändström setzt sich die schwedische Honorar-Konsulin Petra Löschke aus Leipzig gemeinsam mit der Stadtverwaltung Mittweida und Bürgern aus Zschöppichen-Neusorge für die Errichtung eines Denkmales ein.

Danke allen Unterstützern!

Comments are closed.