Zur Geschichte der Schlosskapelle Neusorge

Die Neusorger Kapelle, ein verstecktes, ja vergessenes Kleinod sächsischer Landgemeinden. Seit rund 35 Jahren ohne kirchliche Nutzung, in privatem Eigentum geschützt und konserviert – ihrer Entdeckung harrend.

(aus der Neusorger Chronik)

errichtet im Auftrag von: Carl Sigismund von Arnim
geplant: 1736
beantragt: 1748 (19.07.1748)
geweiht: 1749 im August
letzte bekannte Trauung: 1966
letzter Gottesdienst: 1972 zu Weihnachten

Zschöppichen, Neusorge und Krumbach waren seit alters her zu Mittweida gepfarrt. Nicht zuletzt zeugen davon alte kaum noch bekannte Wegesnamen. Sie wurde der Weg von Krumbach nach Zschöppichen-Neusorge über die Höhe als Krumbacher Kirchsteig bezeichnet. Der Weg von Neusorge am Gasthof entlang der Gärten zum Fischhaus und weiter am Waldrand in Richtung Landratsamt ist der eigentliche Neusorger Kirchsteig nach Mittweida. Auch der Leichenweg über den Berghäusern von Krumbach in Richtung Neukrumbach, Altmittweidaer Siedlung und weiter nach Mittweida wurde bereits 1599 in Karten erwähnt, da die Krumbacher, Neusorger und Zschöppichner Toten ihre letzte Ruhe auf dem Mittweidaer Gottesacker fanden.

Als Wolf II von Schönberg im Januar 1584 stirbt hinterlässt er der Kirche zu Mittweida 100 Gulden für den neuen Gottesacker, den heutigen alten Friedhof an der Kirchennordseite. Verbunden mit der geistlichen Betreuung und Fürsorge stand untrennbar die Schulbildung der nach Mittweida gepfarrten Orte. Krumbach wurde erst gegen 1878 nach Ottendorf gepfarrt.

Die erste Neusorger Kapelle befand sich in Mittweida am Kirchberg. Im früheren Terminitenhaus der Freiberger Bettelmönche, welches Wolf II von Schönberg 1542 als „Lehen Haus zu Kirchen- und Gottz Dienst auch anderer geschefte halben auff dem Kirchberge“ gekauft hat. Es ist heute das Glaser Bormannsche Haus Nr. 2.

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Neusorger-Kapelle Erntedankfest 1936

Zur Herstellung der Schlosskapelle und einer Bergäbnisgruft, welche durch Ausschachtung des 1736 zugeschütteten Marter (Folter)-Kellers entstand, berichten alte Gerichtsakten Verschiedenes aufgrund der Schwierigkeiten des Bauherr, Carls Sigismund von Arnim, und seien Hand- und Baufröhnern. In einem Handschreiben vom 27. Juni 1749 heißt es:

„Mit dieser Capelle hat es folgende Bewandtnis, dass jetziger Erbherr aus einem Stalle und Heuboden eine Privat Capelle Ew. (Eurer) hochlöblichen Ober Consitorio Vergünstigung anlegen und zu rechte machen lassen. Da nun hierzu kein neues Gebäude aufgeführet, sondern in einem schon vorhandenem Gebäude ein Zimmer zum beliebigen Gebrauch adaptieret worden …“.

In einem Vernehmungsprotokoll vom 23. August 1749 bescheiden 6 Zeugen, darunter der langjährige Pächter Neuhauß:

„Wahr, das zu der Neusorgischen Privat Capelle und der Begräbnis Gruft kein neues Gebäude aufgeführet worden.“ Am gleichen Tag beeidigt der herrschaftliche Jäger Johann Friedrich Rost: „ … es wäre hierzu kein neues Gebäude aufgeführet worden, sondern es hätten allda Kutzsch- und Gastställe gestanden und oben darüber wäre ein Getreideboden gewesen.“

Die Kapellenangelegenheit hatte war bereits von Wolff Christoph von Arnim in Angriff genommen worden. Den Anlass hierzu gaben die grundlosen Wege zur Kirche nach Mittweida und ein Ohrenleiden des Lehnsherrn. Der Plan kam jedoch nicht zur Ausführung.

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Neusorge-Kapelle Arnimsches Wappen

Allianzwappen Familen von Arnim und von Hoym um 1748/49 Schlosskapelle Neusorge

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Bronze-Glocke 2008

Bronzene Neusorger Glocke von 1749 In einem Memoriae (Erinnerung), d. d. Dresden, den 19. Juli 1748, trat Carl Siegismund von Arnim an das Oberkonsistorium zu Dresden um Erteilung der allerhöchsten Genehmigung heran:

„ … eine Haus-Capelle von 19 Ellen in der Länge und 14 Ellen in der Breidte mit Canzel und Altar in ein Zimmer der hiesigen Wohngebäude anlegen zu lassen .. und auf Verlangen an dem Sonn- und Festtagen der Evangelische Gottes Dienst mit Predigen, Bethen und singen für mich und meine Familie wie der Domestiken (Bedienstete und Hofgesinde) sowohl vor beständig des Jahres gehalten, nemlich:

am ersten Advent
am zweiten Advent
Fest Epiphanias (Hochneujahr)
dom. Invocavit
dom. XXII p. Trinitatis (Dreifaltigkeitssonntag)

als auch sonst, ausserdem nach Gutbefinden an anderen Sonn- und Festtagen durch einen von den Herren Diaconii zu Mittweida jederzeit vormittags ½ 10 Uhr gehalten werden dürfe mit der ausdrücklichen Erklärung, wie man durch dieses Institutum weder dem Aerario der Kirche zu Mittweida noch dem dortigen Geistlichkeit an ihrem Turibus Stolae den geringsten Eintrag zu tun gemeint, sondern vielmehr erbötig, … hiernächst auch dem Interesse des Kirchen Aerariae (Kirchesteuer) zu Mitweyda durch Verabfolgung der Einlag in den bey jeder Predigt herumgehenden Cymbel (Klingelbeutel) Sack profitieret werden wird.„

weiter heißt es: „ … und zur Unterhaltung diese Stiftung ein beständig eisernes Capital von 133 Thaler und 8 Groschen ausgesetzet werden soll, und dessen jährlichen Zinsen 6 Thaler und 16 Groschen derjenige von den Diaconis zu Mitweyda, welcher die Predigt an einen der Stiftungstage verrichtet, jedesmahl 1 Thaler und 8 Groschen, nebst frey Fortkommen und Wahl zu genießet haben.“

Von diesen 1 Taler und 8 Groschen waren 8 Groschen dem Mittweidaer Pfarrer zu geben. Bis 1857 erhielten die drei Geistlichen zu Mittweida jährlich 30 Reisten Flachs, der 1. Diaconicus drei Scheffel* und zwei Viertel Korn und drei Scheffel Hafer von der Herrschaft Neusorge geliefert.

* Dresdener Scheffel = 103 l

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Neusorger-Kapelle 2007

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Neusorger-Kapelle Hofgasse 2008